15.03.2020
Joh 4,5-42
Liebe Schwestern und Brüder!
1. Ich erinnere mich noch, als damals im Jahr 2006 Papst Benedikt XVI. in Istanbul die Blaue Moschee besuchte und dann in der Moschee sich niederkniete und wie zum Gebet seine Lippen bewegte, da war der Aufschrei groß. Auf türkischer Seite jubelte man, dass der Papst in einer Moschee betete und somit eine Moschee als Gotteshaus anerkenne. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob der Papst nicht vielleicht sogar zu dem Gott gebetet habe, der in einer Moschee ja verehrt wird. Der Vatikan ließ nicht lange auf sich warten und konterte, dass der Papst mitnichten in einer Moschee gebetet habe, sondern allenfalls eine Meditation gemacht habe. Denn es könne ja nicht sein, dass der Papst in einer Moschee betet.
2. Daran wurde ich erinnert, als ich im Evangelium die Stelle las, in der geschildert wird, wie die samaritische Frau – auf Jesus neugierig geworden – nun die Frage aufwirft: Wo denn der wahre Ort des Betens sei. „Unsere Väter“, so sagt die Frau „ haben auf diesem Berg (gemeint ist der Berg Garizim) angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss“. Ein uralter Streit: Wo betet man Gott an. Nur in Jerusalem im Tempel, oder, wie die Samariter, auf dem Garizim, wo sie übrigens bis heute das Pessach feiern. Eine lange Geschichte: Als die Juden 538 aus Babylon zurückkehren durften, bauten sie den Tempel wieder auf. Die Samariter durften beim Aufbau des Tempels nicht mithelfen. So bauten sie auf dem Garizim ihren eigenen Tempel, der zwar durch die Makkabäer wenig später zerstört wurde, aber der Berg Garizim blieb als Gebets- und Kultstätte erhalten. Also: Wo betet man Gott nun wahrhaft an: Auf dem Garizim oder im Tempel zu Jerusalem. Und die Antwort ist mit großer Souveränität gesprochen: „Glaube mir Frau“, sagt Jesus, „die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Die wahren Beter werden den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit“.
3. Das ist doch mal eine Antwort: Die wahren Beter beten im Geist und in der Wahrheit an. Das heißt doch: Es gibt keine Orte mehr, die für das Gebet reserviert sind, so nach dem Motto: Nur dort an einem solchen Ort kann man Gott anbeten. Und woanders eben nicht. Warum: Dadurch, dass Gott Mensch geworden ist, ist einmal Gott in eine unverbrüchliche Gemeinschaft mit Gott geraten und umgekehrt der Mensch eine Gottunmittelbarkeit, die nichts mehr braucht, um die Nähe Gottes zu vermitteln. Diese Gemeinschaft mit Gott ist eine Gemeinschaft des Geistes; geschieht als Geschenk in der Kraft des Geistes, und sie ist eine Gemeinschaft der Wahrheit. Der Mensch muss zu seiner eigenen Wahrheit, nämlich die Gottesgemeinschaft, vorstoßen. Hat er diese Ebene seiner Existenz erreicht, dann ist das ein einziges Gebet.
4. Und Kirchen oder Moscheen, was auch immer, sind der sichtbare Ausdruck für diese Wahrheit, sie schaffen aber diese Wahrheit nicht. Sie sind Orte, an denen wir uns dieser Wahrheit bewusst werden können, in denen wir diese Wahrheit feiern und sie immer neu auch sakramental wirkmächtig werden lassen. Aber diese Gottesgemeinschaft wird nicht in einer Kirche geschaffen, sondern ist Geschenk. Nicht der Tempel in Jerusalem, nicht der Garizim, nicht eine Moschee, nicht eine Kirche, sondern der Mensch ist Tempel Gottes. Aber damit wir das nicht vergessen, braucht es solche Orte. Der Papst kann also durchaus auch in einer Moschee beten, denn der wahre Beter betet Gott im Geist und in der Wahrheit an, also weiß immer um seine Würde als Tempel Gottes.
Franz Langstein
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