01.01.2020
Lk 2,16-21
Liebe Schwestern und Brüder!
1. Wir beginnen wieder ein neues Jahr. Als Christen könnten wir vielleicht sagen: Wir haben doch aber schon mit dem ersten Advent das neue Kirchenjahr begonnen, das uns dann durch die Stationen des Heils führt: Geburt Christi, Tod und Auferstehung, Heilig-Geist-Sendung. Und doch wissen wir völlig zu Recht: Dass dieses Heil von Gott im Irdischen gewirkt wird. Das profane Jahr ist uns deshalb mit Recht näher als das Kirchenjahr. Und so stehen wir am Anfang des neuen Jahres. Man redet dann manchmal so pathetisch daher, vielleicht weil man gerade nichts Besseres weiß oder weil es tatsächlich mit großem Ernst gesagt ist: „Wer weiß, was das neue Jahr bringen wird.“ In der Tat sind unsre Möglichkeiten, ein Jahr im Voraus zu planen, doch eher begrenzt. Zu viel Unwägbares kann passieren. Und es kann auch sein, dass Entscheidungen in diesem Jahr anstehen, von denen wir aber heute noch nicht wissen, wie sie getroffen werden; wenn z.B. für Kinder im Sommer ein Schulwechsel ansteht oder gar das Ende der Schulzeit: Wie wird es weitergehen? Oder wenn jemand sein Studium oder seine Ausbildung beendet hat: Was jetzt? Oder jemand sich vielleicht grundsätzlich umorientieren will: wohin gehen die Lebenswege? So ist unser Leben: Die Zeit bringt Entscheidungen mit sich. Für so manchem auch in diesem Jahr. Das können auch sehr grundsätzliche Entscheidungen sein.
2. Dennoch aber gibt es Entscheidungen, die sind in der Tat von ganz grundsätzlicher Natur, weil existentieller Natur. Die sind so grundsätzlich, dass man mit Recht sagt: Lebensentscheidungen. Die müssen dann mit der Zeit nicht immer neu entschieden werden, aber sie müssen gelebt werden und somit von der einstmaligen Entscheidung zur Entschiedenheit reifen. Es sind existentielle Entscheidungen, die man getroffen hat, um in ihnen zu wachsen und zu reifen. Dazu gehören vor allem auch religiöse Entscheidungen. Wenn ich z.B. sage: „Ich glaube an Gott“, dann ist das so eine existentielle Entscheidung, die mich prägt, die ich getroffen habe und in der ich in der Entschiedenheit nun reife und wachse. Sie muss nicht neu getroffen werden, aber muss immer wieder gelebt werden. Entschieden!
3. Deshalb wird uns heute auch am Neujahrstag Maria vor Augen gestellt als eine Frau, die solche existentielle Entscheidungen getroffen hat. Als der Engel ihr sagte, dass sie ein Kind empfangen wird, durch das Wirken des Heiligen Geistes, da traf sie diese Entscheidung und stimmte ein in den dunklen Willen Gottes: „Mir geschehe nach deinem Wort“. Es war eine Entscheidung, die sie traf und von der es nun gilt, sie im Leben umzusetzen und von der Entscheidung in die Entschiedenheit zu bringen. Was das für sie bedeutete, kann man aus den Schriften ein wenig erahnen: Sie hat wohl selbst nicht immer verstanden, wer ihr Sohn im Tiefsten war. Fremd muss sie ihm geworden sein, als Jesus auf der Hochzeit zu Kana seine Mutter, die zum ihm kam, um ihm hinzuweisen, dass der Wein ausgegangen ist, ihr antwortete: „Frau, was willst du?“ Fremd muss er ihr geworden sein, als Jesus Nazareth verließ und durch die Gegend zog, mit ein paar Jüngern. Und seine Mutter und Brüder suchten ihn, weil sie ihn – so das Markus-Evangelium – für verrückt hielten. Man meldete das Jesus, dass draußen seine Mutter und Brüder stünden und ihn suchten; und Jesus antwortete: „Wer ist meine Mutter? Und wer sind meine Brüder? – Die, die hier sitzen und mir zuhören, die sind mir Mutter und Brüder und Schwestern.“ Und dann finden wir die Mutter Jesu wieder unter dem Kreuz. Die einmal getroffene Entscheidung ist zur Entschiedenheit geworden: Sie steht bei ihm in seiner schwersten und wohl auch ihrer schwersten Stunde. Umso größer der Osterjubel und das Pfingsterlebnis.
4. Wenn wir heute das neue Jahr beginnen, dann mögen da vielleicht gewisse Entscheidungen anstehen und so manches auf uns zukommen, dass einer Entscheidung bedarf. Aber es gibt Lebensentscheidungen, die – einmal getroffen – sich im Leben vertiefen und so zur Reife des Lebens führen. Es gibt Entscheidungen, die im Laufe der Zeit getroffen werden; und es gibt Grundentscheidungen, die im Laufe der Zeit zur Entschiedenheit werden müssen. Eine solche Entscheidung ist auch die Entscheidung Gottes für uns: Wir bei Maria tritt er an uns heran und vertraut uns sein ewiges Wort an. Wir haben durch den Glauben dieses Wort, Christus, angenommen und aufgenommen. Und selbst wenn es uns manchmal fremd wird, prägt uns diese Entscheidung und sie soll entschieden gelebt werden. Auch deshalb gehen wir in das neue Jahr als jene Zeit, in der in uns das Wort Gottes wächst, sich vertieft und im Leben Früchte bringt. Wir haben im Glauben bereits eine ganz große Grundentscheidung getroffen. Möge das neue Jahr in uns diese Entscheidung zur Tiefe Gottes führen.
Franz Langstein
Katholisches Pfarramt
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